Regionen, Regionale Identitäten und Regionalismen in Europa und der Welt

Internationale DAAD Sommerschule

Regionen, regionale Identitäten und regionalistische Bewegungen prägen nicht nur die geographische, kulturelle und politische Landkarte Europas, sondern sind auch in vielen anderen Teilen der Welt wohlbekannte Phänomene mit bisweilen erheblichem Konfliktpotential. Angesichts der hohen Relevanz in Vergangenheit und Gegenwart sowie der globalen Anschlussfähigkeit hat sich das Willy Brandt Zentrum vorgenommen, dem Thema der Regionen in Europa und der Welt im Jahr 2022 eine Sommerschule zu widmen. Das Projekt zielt darauf ab, vor allem Nachwuchsforschern aus dem weltweiten DAAD Zentren-Netzwerk die Gelegenheit zum wissenschaftlichen Austausch und zur Vernetzung zu geben und zugleich einen wesentlichen Beitrag zur akademischen Diskussion der Regionenthematik zu leisten. Begleitet wird der wissenschaftliche Teil der Sommerschule von einem kulturellen Rahmenprogramm, dass ausgehend von der besonderen Geschichte Niederschlesiens als umstrittene Grenzregion den Wegen regionaler Identitätskonstruktionen seit dem Ende der kommunistischen Herrschaft 1989 nachspüren wird.
Die Sommerschule ist offen für Beiträge zu europäischen und außereuropäischen Ländern aus unterschiedlichen Disziplinen der Geschichts-, Gesellschafts- und Kulturwissenschaften. Vier Workshops, die sich an den wichtigsten Untersuchungsdimensionen der internationalen Regionenforschung orientieren, sollen den thematischen Rahmen der Sommerschule strukturieren:

Workshop 1: Regionale Identitäten und ihre Konstruktion: Geschichte und Gegenwart

Regionalistische oder gar separatistische Bewegungen wie im Falle Kataloniens, Flanderns oder Schottlands sind undenkbar ohne die vorherige Existenz regionaler Identitäten. Letztere sind aber auch in vielen anderen, weniger „rebellischen“ Landesteilen wie etwa den meisten italienischen und französischen Regionen oder den deutschen Bundesländern anzutreffen. Doch, aus welchen „Zutaten“ bestehen regionale Identitäten und wann und unter welchen Umständen entstehen sie? Gerade europäische Beispiele regionaler Identitätsstiftung verweisen in der Regel auf eine lange Vorgeschichte, weshalb eine historische Perspektive für diesen Workshop konstitutiv sein soll. Ebenso willkommen sind aber auch kultur-, literatur- und sprachwissenschaftliche Annäherungen, die in Geschichte und Gegenwart nach den Inhalten und Mechanismen regionaler Identitätskonstruktion fragen und/oder ihre Produzenten und Träger in den Blick nehmen.

Workshop 2: Die Politisierung des Regionalen: Ursachen, Strategien, Folgen

Aufbauend auf den Grundfragen zur Entstehung regionaler Identitäten widmet sich Workshop 2 sodann den Umständen und Bedingungen ihrer Politisierung. Wann und warum verwandelt sich das Regionale in eine Argumentationsressource für weitergehende soziale, wirtschaftliche oder politische Ansprüche, gar für eine Loslösung vom übergeordneten Staatswesen? Wie einmal mehr die Fälle Schottland, Flandern und Katalonien zeigen, ist auch hier die historische Perspektive vor allem im Sinne der Konstruktion eines kulturellen Gedächtnisses der Region unabdingbar. Gerade in vergleichender Perspektive ist jedoch ebenfalls nach der jeweiligen Verfasstheit der Regionen im Kontext unterschiedlicher Verfassungsmodelle und nationalstaatlicher Traditionen zu fragen. Welche Rolle spielen Föderalismus (Deutschland) und Zentralismus (Frankreich, Polen) im Zusammenhang mit der Entstehung politischer Regionalismen? Inwieweit kann die Dezentralisierung eines Staatswesens (Spanien, Italien, Großbritannien etc.) der möglichen Radikalisierung von Regionalismen entgegenwirken? Und welche Aussichten bestehen im 21. Jahrhundert für die tatsächliche Separation abtrünniger Regionen?

Workshop 3. Regionen und regionalistische Bewegungen in der Europäischen Union

Wenn es um die Verteilung der milliardenschweren Finanzmittel aus den Struktur- und Kohäsionsfonds der Europäischen Union geht, spielen die Regionen der Mitgliedstaaten als Zuteilungsgrundlage und direkte Empfänger eine zentrale Rolle. Mit dem Vertrag von Maastricht (1992) und der Gründung des „Europäischen Ausschusses der Regionen“ (AdR) sind die Regionen außerdem zu Akteuren auf der europäischen Ebene aufgestiegen, und besonders selbstbewusste Regionen wie etwa die so genannten „Vier Motoren für Europa“ (Baden-Württemberg, Katalonien, Lombardei, Auvergne-Rhône-Alpes) versuchen schon seit geraumer Zeit, direkten Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse in der EU zu nehmen. Workshop 3 möchte vor diesem Hintergrund ein Forum bieten, um all jene Aspekte zu diskutieren, die die regionale Ebene unmittelbar mit der supranationalen Ebene der EU verbindet.

Workshop 4: Regionale Identitäten und Regionalismus in der außereuropäischen Welt

Wie bereits angedeutet, prägen regionale Identitäten und Regionalismen auch in vielen Ländern außerhalb Europas die jeweilige kulturelle und politische Landkarte und laden daher ein, alle mit Blick auf die Workshops 1 und 2 gestellten Forschungsfragen in die außereuropäische Welt zu übertragen. In geographischer Hinsicht richtet sich Workshop
4 in erster Linie an Nachwuchswissenschaftler unserer Partnerzentren in Sankt Petersburg (Russland), Rio Grande do Sul (Brasilien) und Québec (Kanada). Insbesondere die beiden letztgenannten Regionen weisen nicht nur eine ausgeprägte, historisch gewachsene Regionalidentität, sondern im Falle Québecs auch eine starke Separationsbewegung auf, und bieten somit reiches Material für den internationalen Vergleich. Davon abgesehen steht der Workshop aber auch anderen Forschungs- und Diskussionsbeiträgen aus dem DAAD Zentren-Netzwerk offen, die die Regionenthematik etwa in den USA oder anderen Ländern der Welt unter einem der oben genannten Gesichtspunkte behandeln.

TEILNAHMEBEDINGUNGEN

Wenn Sie an einer Teilnahme interessiert sind, senden Sie bitte Ihre Bewerbungsunterlagen in deutscher oder englischer Sprache (Projektbeschreibung (max. 1.000 Zeichen) und Lebenslauf) bis zum 31. März 2022 an: sorenjens.brinkmann@uwr.edu.pl.

Arbeitssprachen: Deutsch (primär); Englisch (sekundär)
 
Die Auswahl der Teilnehmer erfolgt durch eine, aus den Mitgliedern des Organisationsteams der Sommerschule gebildeten Kommission auf der Grundlage der wissenschaftlichen Qualität der Bewerbungen.
Die Sommerschule wird vom DAAD mit Mitteln des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland gefördert. Die Kosten für Unterkunft und Programm werden aus diesen Mitteln bestritten. Die Reisekosten werden nach dem Bundesreisekostengesetz für Reisen in der 2. Klasse oder für Flüge zum Economy-Tarif und gegen Vorlage der Originalbelege nach der Sommerschule erstattet. Es fallen keine weiteren Gebühren für die Teilnahme an!

Organisation

Willy Brandt Zentrum der Universität Wrocław (Wrocław, Polen), in Zusammenarbeit mit dem Centro de Estudos Europeus e Alemães (Porto Alegre, Brasilien), dem Centre Canadien d’Études Allemandes et Européennes (Montréal, Kanada) und dem Zentrum für Deutschland- und Europastudien (Bielefeld, Deutschland
/ Sankt Petersburg, Russland)

Kontakt

sorenjens.brinkmann@uwr.edu.pl

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Wrocław, Polen