Krieg und Frieden: die Rolle der Wissenschaft und der Kunst

Das seit mehr als dreißig Jahren verwendete Konzept von „Wissensgesellschaften“ bedeutet, dass die Macht eines Staates mehr von seiner Kapazität abhängt, Wissen zu produzieren und umzuwandeln, als von seinen natürlichen Ressourcen oder seiner Industrieproduktion. Besonders wenn das Wissen in die Spitzentechnologie investiert wird, bestimmt es die finanziell-ökonomische Denkrichtung, die politische Strategie und das militärische Potential eines Staates mit. Als geopolitischer Faktor beeinflusst das Wissen die Bedingungen von Krieg und Frieden in den internationalen Beziehungen. Ein grundlegendes Problem in unserer Zeit der „Wissensgesellschaft“ ist, dass das Wissen nicht gerecht zwischen allen Menschen geteilt wird. Die Kluft zwischen Ländern mit einem guten pädagogischen System und einer guten Forschungsstruktur einerseits und den Ländern, die unter Abwanderung ihrer Intellektuellen leiden andererseits, wird immer größer. Der progressiven Technologiesierung der Wissenschaft folgt ihre Vermarktung. Das erzeugt das Oligopol der Wissenschaft und führt zu Fragen wie den folgenden: Wie kann das Recht auf das geistige Eigentum mit dem freien und offenen Recht auf Zugang zum Wissen in Einklang gebracht werden? Wie kann die Erhöhung der institutionellen und menschlichen Kapazitäten für Wissenschaft und Technologie auch die größtmögliche Teilnahme an der Wissensgesellschaft erlauben? Und wie können lokale Kompetenzen gestärkt werden? Wissen zu teilen wird auch zu einem entscheidenden Problem für die Kunst. Durch die technologische Revolution auf diesem Gebiet (neue Produktion- und Zirkulationsmittel) werden klassische Schutz- und Regulierungsmaßnahmen der Kunst überholt. Die Kunst als solche hat zweifellos eine ökonomische Dimension. Aber Kunst sollte nicht wie irgend eine andere Ware behandelt werden. Wir wissen, dass die Gefahr der weltweiten ökonomischen und finanziellen Steuerung durch einige Gruppen, die aus dem Markt der Kunst ein Oligopol machen möchte, jetzt grösser ist, als die Gefahr der missbräuchlichen Steuerung durch den Staat. Wie kann die Kunst von der Politik durch Instrumente wie der Regelung oder Finanzierung (Quoten, Subventionen) unterstützt werden? Kulturelle Pluralität und künstlerische Kreativität werden einstimmig als die kostbarsten Schätze der Menschlichkeit gefeiert. Aber das unermessliche Potential vieler Ländern geht zugrunde ohne die Möglichkeit zu haben, sich zu entwickeln und im internationalen Kreislauf integriert zu werden. Wie kann kulturelle Pluralität in den internationalen Handelsvereinbarungen effektiv gefördert und geschützt werden? Welches Verhältnis zwischen Kunst und Markt schützt Pluralität und Kreativität und bringt Kunst, egal woher sie kommt und woraus sie besteht, auf die internationale Szene und nicht nur diejenige, die bestimmten Standards der kulturellen Industrie entspricht? Diese Formen der „Wissensgesellschaft“ gestalten entscheidend die Bedingungen für Krieg und Frieden. So verlangt dieser neue Kontext eine dringende Reflexion zu folgenden Fragen: Wie können das grundlegende Recht auf offenen Zugang zum Wissen und das universelle Prinzip der kulturellen Pluralität garantiert werden? Wie können Respekt für Kunst und Wissenschaft in der öffentlichen Politik und in den internationalen Handelsvereinbarungen gesichert werden? Wie kann der Prozess, der aus der Wissensgesellschaft eine Gesellschaft des Ausschlusses macht, gestoppt werden? Wie kann es verhindert werden, dass Wissenschaft und Kunst lediglich auf Bedürfnisse des ökonomischen Profits oder der militärischen Strategie reduziert werden? Und schließlich, wie können Wissenschaft und Kunst von der Logik des Krieges abgeschirmt und zu einem Allgemeingut für die Menschheit und damit zu einer Grundlage für den Frieden gemacht werden?

Dates

19 - 21 novembre 2007

Organisation

Soraya Nour (CMB, Berlin)
Olivier Remaud (EHESS, Paris)

Lieu

Goethe-Institut Paris
Centre Culturel Allemand Paris
17 avenue d'Iéna
75116 Paris, Frankreich
Tel. +33 1 44439230
Fax +33 1 44439240
Publié le

Date

Documents

2007_11_19_guerre_paix.pdf

Liens

http://www.goethe.de/